Akuter unkomplizierter Infekt der unteren Luftwege: Antibiotika?
Die akute Infektion der unteren Luftwege ist die häufigste Erkrankung, die in der ambulanten Grundversorgerpraxis behandelt wird. Antibiotika werden hierbei sehr häufig verschrieben. Folgende randomisierte Studie hat die Effektivität von 3 verschiedenen Verschreibungsstrategien untersucht.
Innerhalb von 5 Jahren wurden 807 Patienten, welche sich beim Grundversorger mit einem akuten, unkomplizierten Infekt der unteren Luftwege vorstellten, in die randomisierte, kontrollierte Studie eingeschlossen und einer von 6 Gruppen zugeteilt. Entweder erhielten die Teilnehmer keine Antibiotika, verzögert Antibiotika falls notwendig oder sofort Antibiotika. In jeder Gruppe bekam ca. die Hälfte der Patienten eine Informationsbroschüre, die andere nicht. Primäre Endpunkte waren Dauer und Schwere der Symptome, eingetragen in ein Tagebuch.
562 Patienten (70%) hatten die Tagebücher vollständig ausgefüllt. Die mittlere Dauer des Hustens betrug 11.7 Tage. Die Informationsbroschüre hatte keinen Einfluss auf die primären Endpunkte.
Im Vergleich zur Gruppe ohne Antibiotika veränderte sich die Dauer des Hustens in den beiden anderen Gruppen nicht wesentlich (um 0.75 Tage in der verzögerten Antibiotikagruppe und 0.11 Tage in der Antibiotikagruppe). Antibiotika nahmen letztlich 86% in der Antibiotikagruppe, 20% in der verzögerten Antibiotikagruppe und 16% in der Gruppe ohne Antibiotika ein (p<0.001). „Sehr zufrieden“ waren unter Antibiotika mehr Patienten als wenn keine solchen verschrieben wurden. Das Vertrauen in Antibiotika war in der Gruppe ohne solche geringer als in den anderen Gruppen. Erneute Konsultationen waren unter Antibiotika seltener als ohne (0.19 versus 0.12 (verzögert), respektive 0.11 (keine), p=0.04) und mit Informationsbroschüre häufiger als ohne (0.17 versus 0.11, p=0.02).
Konklusion der Autoren: Keine oder eine verzögerte Verschreibung von Antibiotika ist bei akutem, unkompliziertem Infekt der unteren Luftwege durchaus vertretbar. Die Dauer der Symptome ist ohne sofortige Antibiose gleich lang und eine abwartende Strategie führt zu einer geringeren Einnahme von Antibiotika sowie einem geringeren Glauben in die Effektivität dieser Medikamente.
Link zur Studie
JAMA 2005;293:3029-3035 - P. Little et al
29.06.2005 - dde