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Psoriasisarthritis: Ein Ziel für TNFα-Inhibitoren

Einleitung

Die Psoriasisarthritis (PsA) ist eine zur Gruppe der Spondarthropathien zählende chronische entzündliche Erkrankung, welche sowohl die peripheren Gelenke, wie auch das axiale Skelett befallen kann [1]. Auch Tenosynovitiden, Daktylitiden und Enthesitiden gehören zum klinischen Bild. Es wird angenommen, dass zwischen 6 und 39% der Patienten mit einer kutanen Psoriasis diese entzündliche Arthropathie zeigen. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Manifestationsarten (oligo- oder polyartikuläre Formen, Prädominanz des Befalls der distalen Interphalangealgelenke oder des axialen Befalls) wird sie wahrscheinlich unterdiagnostiziert. Obwohl meistens eine kutane Psoriasis dem Auftreten von Gelenkbeschwerden um Jahre vorausgeht, kann die Arthropathie in 15-20% der Fälle zuerst auftreten.

 

Die Behandlung der PsA richtet sich gegen den entzündlichen Prozess mit dem Ziel eine Minimierung oder sogar Verhinderung von Gelenkschäden [2] zu erreichen. Aus diesem Grund ist eine rasche Diagnosestellung und Therapieeinleitung sehr wichtig. Die Effektivität von konventionellen Basistherapeutika, wie Sulfasalazin, Methotrexat, Leflunomid und Ciclosporin auf den peripheren Gelenksbefall konnte demonstriert werden, auch wenn die Datenlage im Vergleich zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis aufgrund von deutlich weniger randomisiert-kontrollierten Studien schlechter ausfällt. Der entzündliche Befall des Achsenskeletts und der Enthesen wird durch die erwähnten Basistherapeutika unwesentlich beeinflusst. Nachdem das proinflammatorische Zytokin TNF-alpha hochtitrig in Gewebe und Synovia bei Patienten mit PsA gefunden wurde, konnte in den letzten Jahren die Wirksamkeit von TNF-alpha-Inhibitoren (TNFα-I) in der Behandlung der Therapie-resistenten PsA demonstriert werden [3,4]. Hinsichtlich der Rolle der TNFα-I in der Behandlung des kutanen Befalls der Psoriasis verweise ich auf den durch Prof. R. Trüeb verfassten vorgängigen Artikel.

 

TNFα-I bei peripherem Gelenkbefall

Zur Beurteilung des therapeutischen Ansprechens der peripheren Arthritis werden jeweils zwei klinische Instrumente eingesetzt: die „Psoriatic arthritis response criteria“ (PsARC) und die „American College of Rheumatology (ACR) improvement criteria“, welche die Anzahl der geschwollenen und druckdolenten Gelenke sowie die Einschätzung der Krankheitsaktivität durch Arzt und Patient beinhalten.

 

Etanercept (EnbrelTM): Die Wirkung dieses löslichen TNF-Rezeptors, welcher am Fc-Fragment eines humanen IgG1-Moleküls gekoppelt ist, wurde zunächst in einer Phase-II doppelblinden, randomisierten und kontrollierten Studie bei 60 Patienten mit PsA über 12 Wochen untersucht [5]. Nach 12 Wochen erreichten fast 90% der Patienten, welche mit 25 mg Etanercept 2x wöchentlich behandelt wurde, eine klinische Besserung gemäss PsARC, im Vergleich zu weniger als 25% der Patienten in der Placebo-Gruppe. Diese Resultate wurden in einer multizentrischen Studie an 205 Patienten bestätigt [6]: In der Vero-Gruppe hatten 2/3 der Patienten eine mehr als 20%-ige Besserung der Symptomatik gemäss ACR-Kriterien. Dagegen hatten weniger als 1/6 der Patienten in der Placebo-Gruppe eine vergleichbare Besserung. Die zweite Studie konnte zudem auch eine signifikante Verminderung der radiologisch nachweisbaren Krankheitsprogression unter Etanercept im Vergleich zu Placebo dokumentieren.

 

Adalimumab (HumiraTM): Eine doppelblinde, randomisierte und kontrollierte Studie analysierte die Wirkung dieses voll humanisierten monoklonalen anti-TNF-Antikörpers in einer Dosierung von 40 mg s.c. alle 2 Wochen gegenüber Placebo bei 313 Patienten mit PsA, welche ungenügend auf NSAR (und zur Hälfte in jeder Gruppe ungenügend auch auf Methotrexat) angesprochen hatten [7]. Fast 60% der Patienten in der Adalimumab-Gruppe erreichten eine 20%-ige Besserung gemäss ACR-Kriterien, gegenüber nur 15% der Patienten in der Vergleichsgruppe (p<0.001). Die Wirkungsrate gemäss PsARC-Kriterien war sehr ähnlich. Adalimumab konnte zudem strukturelle radiologische Veränderungen signifikant vermindern.

 

Infliximab (RemicadeTM): Die Wirkung dieses chimären monoklonalen anti-TNF-Antikörpers bei Patienten mit PsA wurde im Rahmen von zwei randomisierten, kontrollierten Studien in einer Dosierung von 5 mg/kg Körpergewicht nach 0, 2, 6 und 14 Wochen gegenüber Placebo untersucht [8, 9]. In beiden Studien (an denen 104 bzw. 200 Patienten teilnahmen) wurde nach 16 Wochen auch bei Patienten der Placebo-Gruppe eine TNF-Blockade mit Infliximab eingeleitet, im Sinne eines Crossover-Designs. Der primäre Endpunkt war in beiden Studien eine 20%-ige klinische Besserung gemäss ACR-Kriterien nach 16 Wochen. Dieser wurde in der ersten Studien von 65% der Behandlungsgruppe und nur 10% der Placebo-Gruppe erreicht. Die entsprechenden Zahlen der zweiten Studie sind 58% vs. 11% (p<0.001). In sämtlichen Behandlungsarmen wurde aufgrund des Crossover-Designs nach 50 Wochen eine Verhinderung der radiologischen Progression verzeichnet [8,10].

 

Vergleich zwischen den 3 TNFα-I: Diese wurden in Studien nicht gegenübergestellt, so dass ein direkter Vergleich zwischen den Präparaten in Bezug auf Wirksamkeit bei PsA nicht möglich ist. Bei ungenügender Effektivität ist der Wechsel auf einen anderen TNFα-I möglich. Die Wahl des TNFα-I könnte geringfügig durch den Schweregrad des kutanen Befalls beeinflusst werden, da zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, indirekte Hinweise auf eine geringere Effektivität des Fusionsproteins Etanercept auf den Hautbefall bestehen.

 

Kombination von TNFα-I mit Methotrexat: Bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis wurde in zahlreichen Studien ein Synergismus zwischen den TNFα-I und Methotrexat in Bezug auf Wirksamkeit dokumentiert, so dass in den meisten Fällen eine Kombinationsbehandlung empfohlen wird [11]. Das Design der besprochenen Studien bei PsA erschwert eine klare Beurteilung der Wirksamkeit von TNFα-I in der Monotherapie gegenüber deren Kombination mit Methotrexat, so dass obwohl ein therapeutischer Synergismus in Analogie zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis vermutet wird, dieser formell noch nicht bewiesen werden konnte.

 

TNFα-I bei axialem Befall

Die Wirksamkeit der TNFα-I bei Spondylitis ankylosans (M. Bechterew) ist gut belegt. In den bisherigen Studien, welche die Wirkung der 3 verschiedenen TNFα-I bei PsA untersucht haben, wurde jedoch die Wirkung auf die axiale Entzündungsaktivität nicht untersucht, da nur wenige Patienten eine Spondylitis aufwiesen. Umgekehrt zeigten in den Behandlungsstudien der Spondylitis ankylosans wenige Patienten eine Psoriasis (5-15%) und diese wiederum wiesen ein geringeres Ansprechen gemäss „Assessment in Ankylosing Spondylitis“ (ASAS)-20-Kriterien auf.

 

Empfehlungen zur Behandlung der PsA mit TNFα-I

Bei Redaktionsschluss sind in der Schweiz nur Etanercept und Adalimumab zur Behandlung der PsA zugelassen und kassenpflichtig. Die Registrierung von Infliximab für diese Indikation ist noch ausstehend.

 

Erste Empfehlungen hinsichtlich der Indikationsstellung für die Behandlung der PsA mit TNFα-I durch den Fachspezialisten sind publiziert worden [12, 13]. Diese scheinen gerechtfertigt, wenn die entzündliche Aktivität trotz Einsatz von mindestens 2 konventionellen Basistherapeutika (Sulfasalazin, Leflunomid, Methotrexat oder Ciclosporin +/- intraartikuläre Steroidinfiltrationen) nicht genügend supprimiert werden konnte (Persistenz von > 2 druckdolenten oder geschwollenen Gelenken an 2 verschiedenen Zeitpunkten im Abstand von 1 Monat). Gleichzeitig sollten andere Manifestationen der PsA (Hautbefall, axialer Befall, Enthesitiden) mit in die therapeutischen Überlegungen einbezogen werden. Bei rein axialem Befall stehen bis zur Erweiterung der derzeitigen Studienlage, die kürzlich revidierten Konsensus-Kriterien der ASAS zur Behandlung der Spondylitis ankylosans zur Verfügung [14]. Eine vorgängige konventionelle Basistherapie ist in diesen Fällen nicht notwendig, da sie die entzündliche axiale Aktivität nicht zu beeinflussen vermögen. Vor Therapiebeginn sollten chronische Infektionen und insbesondere eine latente Tuberkulose (Mantoux-Test, Thorax-Röntgen), sowie maligne Erkrankungen ausgeschlossen werden. Zudem ist während der Behandlung eine erhöhte Vigilanz im Hinblick auf das Auftreten von gelegentlich auch atypisch verlaufenden Infektionen notwendig. Sämtliche Vorsichtsmassnahmen wie auch das Nebenwirkungsprofil der TNFα-I sind im revidierten Konsensus-Statement hinsichtlich der Behandlung von rheumatischen Erkrankungen mit TNFα-I enthalten [13].

 

Der Verlauf der entzündlichen Krankheitsaktivität unter TNFα-I sollte mittels validierten Kriterien dokumentiert werden (z.B. Anzahl geschwollener und druckdolenter Gelenke; Bath ankylosing spondylitis disease activity index (BASDAI) bzw. functional index (BASFI) hinsichtlich des axialen Befalls). In der Schweiz steht als Verlaufsinstrument die Erhebung im Rahmen des „Swiss Clinical Quality Management (SCQM) for Psoriatic Arthritis“ zur Verfügung. Bei fehlendem Ansprechen sollte die Behandlung mit TNFα-I nach 3 Monaten abgebrochen werden.

 

Zusammenfassung

Die Entwicklung der TNFα-I, welche nicht nur eine erhebliche klinische Wirksamkeit zeigen, sondern auch die Krankheitsprogression vermindern können bei gleichzeitigem günstigeren Nebenwirkungsprofil als die meisten konventionellen Basistherapeutika, stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Behandlung der PsA dar. Inwieweit die TNFα-I bei deutlich höheren Therapiekosten durch Verbesserung der Lebensqualität und Verminderung von Sekundärkosten langfristig auch kosteneffektiv sind, muss in prospektiven pharma-ökonomischen Langzeitstudien noch gezeigt werden.
 

Dr. med. Adrian Ciurea, Oberarzt, Leiter der Sprechstunde für Spondarthropathien, Rheumaklinik und Institut für physikalische Medizin, UniversitätsSpital Zürich

 

Referenzen
1. Gladmann DD: Ann Rheum Dis 2005; 2:ii4-7.
2. Mease PJ: Curr Opin Rheumatol 2005; 17:406-412.
3. Mease PJ, Antoni CE: Ann Rheum Dis 2005; 64:ii78-82.
4. Brandt J, Braun J: Expert Opin Biol Ther 2006; 6:99-107.
5. Mease PJ et al: Lancet 2000; 356:385-390.
6. Mease PJ et al: Arthritis Rheum 2004; 50:2264-2272.
7. Mease PJ et al: Arthritis Rheum 2005; 52:3279-3289.
8. Antoni C et al: Arthritis Rheum 2005; 52:1227-1236.
9. Antoni C et al: Ann Rheum Dis 2005; 64:1150-1157.
10. Kavanaugh A et al: Ann Rheum Dis 2006; Jan 26 (Epub ahead of print)
11. Ciurea A, Kyburz D, Distler O: in Evidenzbasierte Therapie in der Rheumatologie, Müller-Ladner U, Hrsg, UNIMED-Verlag 2005; 33-54.
12. Kyle S et al: Rheumatology 2005; 44:390-397.
13. Furst DE et al: Ann Rheum Dis 2005; 64:iv2-14.
14. Braun J et al: Ann Rheum Dis 2006; 65:316-320.

 



 
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