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Neue Therapieoptionen bei entzündlichen Dramkrankheiten

Unter dem Begriff chronisch-entzündliche Darmkrankheiten werden aufgrund klinischer und pathologischer Kriterien die zwei Krankheitsbilder Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zusammengefasst. Chronisch-entzündliche Darmkrankheiten (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) stellen für betreuende Ärzte und für Patienten weiterhin eine Herausforderung dar. Beide Krankheiten verlaufen in Schüben mit Phasen akuter Erkrankung sowie mit Remissionsphasen. Beide Krankheiten stellen für die Betroffenen eine Belastung dar mit Beeinträchtigung der Lebensqualität. Eine genetische Prädisposition, verschiedene Umweltfaktoren und die intestinale Flora gekoppelt mit einer übermässigen Immunreaktion gegen den eigenen Darminhalt scheinen wichtige Komponenten dieser Erkrankungen zu sein; die genaue Pathogenese der beiden Krankheiten bleibt aber weiterhin unklar.

 

Seit den 50er Jahren stellen Steroide die erste Wahl der akuten Schubbehandlung dar; dies ist auch heute noch der Fall. Oftmals werden aber Patienten auch über die Schubtherapie hinaus über lange Zeit hinweg mit Steroiden behandelt. Dies ist aus heutiger Sicht unbedingt zu vermeiden, was durch entsprechende Analysen durch die Literatur gestützt wird: Remissionserhaltung ist mit Steroiden nicht möglich, jedoch mit beträchtlichen, zum Teil schwerwiegenden Nebenwirkungen verbunden.

 

Bei ungenügendem Ansprechen auf eine Steroidbehandlung sollte eine Kombinationstherapie in Betracht gezogen werden. Dazu werden vor allem Immunmodulationen eingesetzt, wobei Azathioprin sowohl bei der Colitis ulcerosa als auch beim Morbus Crohn am besten dokumentiert ist. Die Zielsetzungen dieser immunmodulatorischen Behandlung sind zweifach:

  • Der Steroidverbrauch soll reduziert werden;
  • Die Patienten sollen in Remission gehalten werden.

Dies gelingt sowohl beim Morbus Crohn als auch bei der Colitis ulcerosa in einer beträchtlichen Anzahl der Patienten. Azathioprin wird in der Regel gut toleriert (> 90% der Patienten tolerieren das Medikament ohne grosse Probleme). Bei Unverträglichkeit kann auf die Tochtersubstanz 6-Mercaptopurin (6-MP) ausgewichen werden. Bei der Hälfte der Patienten treten unter dieser Therapie keine Nebenwirkungen auf. Bei Unwirksamkeit der Azathioprin/6-MP-Therapie kann bei Patienten mit Morbus Crohn auf Methotrexat ausgewichen werden. Für die Behandlung der therapierefraktären Colitis ulcerosa ist die Datenlage mit Methotrexat ungenügend.

 

In den letzten Jahren sind verschiedene neue Entwicklungen in Gang gekommen: Therapien gegen einzelne Zytokine. Infliximab, ein gegen TNFa gerichteter Antikörper, hat ausgezeichnete Ergebnisse in der Behandlung des akuten Mobus Crohn-Schubes gezeigt, auch bei steroidrefraktären oder steroidabhängigen Patienten. Auch zur Behandlung und zur Remissionserhaltung kann Infliximab eingesetzt werden. Wir selbst bevorzugen eine Kombination von Infliximab mit einem Immunmodulator, in der Regel Azathioprin oder 6-MP. Mit dieser neuen Therapiestrategie kann ein Grossteil der Patienten mit aktivem Morbus Crohn in Remission gebracht werden. Bei repetitiver Applikation (eine Infliximabinfusion alle 8 Wochen) bleiben nach einem Jahr 30% der Patienten in Remission. Vorläufig fehlen aber Langzeiterfahrungen mit dieser Therapie. Erste Hinweise deuten daraufhin, dass die Wirksamkeit über die Zeit hinweg abnimmt. Ein Nachteil der Infliximabtherapie besteht darin, dass durch die Wirkung des Medikamentes die Immunabwehr gegen Infektionen reduziert ist. Andere Antikörper gegen TNFa oder andere Zytokine sind in der klinischen Entwicklung und werden bald zur Behandlung zur Verfügung stehen. Man darf deshalb festhalten, dass die neuen Behandlungskonzepte die Möglichkeiten der Therapieoptionen bei Morbus Crohn nachhaltig verändert haben. Es ist denkbar, dass in naher Zukunft Patienten mit Morbus Crohn bereits von Anfang an mit Immunmodulatoren und biologischen Therapiekonzepten (Antikörper gegen TNFa oder ICAM oder andere Zytokine) therapiert werden. Die Charakterisierung und klinische Prüfung dieser Moleküle ist deshalb erst der Beginn einer wichtigen Entwicklung zur gezielten Therapie des Morbus Crohn.

 

Die Situation ist etwas anders bei der Colitis ulcerosa. Grundsätzlich kann sie durch eine totale Kolektomie geheilt werden. Die Operation ist aber oft mit einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität verbunden, sodass alternative Therapien ausgelotet werden müssen. Für die Therapie des akuten Schubes haben sich bei Versagen der Steroidbehandlung Cyclosporin und Takrolimus als wirksam erwiesen. Wegen relevanten Nebenwirkungen (Nierentoxizität) ist jedoch eine Langzeittherapie mit diesen Substanzen nicht möglich und es muss auf alternative Behandlungen ausgewichen werden. Zur Zeit wird der TNFa-Antikörper Infliximab bei akuter Colitis ulcerosa geprüft; die Wirksamkeit dieser Therapie ist aber bisher nicht erwiesen. Eine andere neue Methode zur Therapie des akuten Schubes der Colitis ulcerosa basiert auf der Adsorption und Eliminierung von aktivierten Granulocyten und Monocyten durch ein Dialyseverfahren (Leukocytenapherese). Erste Resultate sind ermutigend, doch muss diese Behandlung im jetzigen Zeitpunkt als experimentell eingestuft werden. Die Identifikation von spezifischen Zytokinen, welche gezielt ausgeschaltet werden können, ist zur Zeit Gegenstand intensiver Forschungsanstrengungen, sodass bei der Colitis ulcerosa mit ähnlich wirksamen Medikamenten wie beim Morbus Crohn gerechnet werden darf.

 

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Therapie von entzündlichen Darmerkrankungen in den letzten Jahren wesentliche Veränderungen erfahren hat. Insbesondere sind neue Möglichkeiten in klinischer Prüfung, welche den Patienten neue Hoffnungen und Verbesserung bringen sollten.


Prof. Dr. med. Christoph Beglinger, Abteilungsleiter, Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie, Kantonsspital Basel.

 


Literaturhinweise
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