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Wann ist der HPV-Nachweis im Zervixkarzinomscreening indiziert?

Mittels Zervixzytologie und Kolposkopie lässt sich die Inzidenz des Zervixkarzinoms senken, wie in England nach Einführung des nationalen Screeningprogramms 1988 eindrücklich beobachtet werden konnte. Folgende Problembereiche der herkömmlichen Zervixkarzinomvorsorge können jedoch noch verbessert werden:

 

  • 1. Erhöhung der Anzahl Frauen, welche an der Vorsorgeuntersuchung teilnehmen.
  • 2. Reduktion der falsch positiven Zytologien, welche zu Verunsicherung der Frau und unnötigen Abklärungen führen.
  • 3. Reduktion der falsch negativen Zervixzytologien, aufgrund deren trotz Teilnahme an Früherkennungs-Untersuchungen invasive Zervixkarzinome auftreten.

Somit ist es gerechtfertigt, wenn zusätzliche Tests zur Zervixkarzinomvorsorge evaluiert werden.

 

Humane Papillomaviren (HPV) und Zervixkarzinom

Es kann als gesichert gelten, dass eine persistierende Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) eine Voraussetzung für die Entwicklung eines Zervixkarzinomes ist. So konnte in 99.7% von 924 invasiven Zervixkarzinomen mittels PCR HPV-Genom nachgewiesen werden [2]. In zervikalen intraepitethelialen Neoplasien Grad III (CIN III), welche als Vorstufen des invasiven Karzinoms angesehen werden, fanden sich in allen 410 untersuchten CIN III molekularbiologisch HPV [3]. Auch in allen Adenocarcinoma in situ der Zervix fanden sich onkogene HPV-Typen [4].

 

Bisher wurden über 100 verschiedene HPV-Typen identifiziert und ca. 40 führen zu einer anogenitalen Infektionen. Achtzehn verschiedene HPV-Typen sind mit invasiven Zervixkarzinomen assoziiert und werden als onkogene HPV-Typen bezeichnet.

 

Papillomaviren infizieren und vermehren sich in den basalen, sich teilenden Zellen der Haut. Deshalb ist die häufigste Infektionsstelle die Transformationszone der Zervix, wo die sich teilenden Zellen oberflächlich liegen. Sie zerstören die Wirtszellen nicht und werden erst freigesetzt, wenn diese Zellen abschilfern und dabei platzen. Es liegt somit im Interesse des Virus, dass sich möglichst viele Zellen ständig teilen und abschilfern. Bei nicht onkogenen HPV liegt die Virus-DNA episomal vor und ihre Genprodukte stimulieren die Zellteilung, es kommt jedoch nicht zur malignen Transformation der Zellen. Für eine maligne Transformation genügt die Infektion mit onkogenen HPV alleine nicht. Die infizierten Zellen müssen zusätzlich einen immortalisierten und Verankerungs-unabhängigen Phänotyp erlangen.

 

Eine Voraussetzung für diese maligne Transformation der Epithelzelle ist die Integration der HPV-DNA ins Wirtsgenom. Bei CIN I wurde in keinem Fall eine Integration des HPV-16/18-Genoms ins Wirtsgenom gefunden, bei CIN II/III in 2 von 19 Fällen, jedoch bei CIN III mit Mikroinvasion in allen 10 Fällen [5].

 

Zweck einer Krebsvorsorge Untersuchung muss es nun sein, maligne transformierte Zellen zu entdeck-en, damit diese echten Präkanzerosen entfernt werden können.

 

Natürlicher Verlauf der zervikalen HPV-Infektion

Es wird geschätzt, dass sich 80% aller Frauen und Männer während ihres Lebens mit genitalen HPV infizieren. Die Infektion ist am häufigsten in den Jahren nach Aufnahme sexueller Aktivität, die Prävalenz jedoch immer noch 14.5% bei Frauen zwischen 30-34 Jahren und 3.8% in der Altersgruppe von 55-60 Jahren. Woodman et al. beobachteten 1’075 15-19 jährige Teenager 3 Jahre lang, wobei sich 44% mit dem Virus infizierten [1]. Auf 5 Jahre extrapoliert sind das 60% der jungen weiblichen und sicher auch männlichen Bevölkerung. 10% aller Teenager infizierte sich mit dem häufigsten onkogenen HPV-Typ 16. Der Virus liess sich im Durchschnitt ein Jahr lang nachweisen. Ein Drittel der HPV-Infizierten entwick-elte einen auffälligen Krebsabstrich, bei zwei Drittel heilte die Infektion ohne jegliche Zeichen ab. Die meisten HPV-Infektionen sind somit transient. Von allen 1’075 Teenagern entwickelten 2.6% eine CIN II/III, von den HPV-Positiven 5.7%. Das heisst jedoch auch, dass über 94% der HPV-Infizierten keine Krebsvorstufe entwickeln werden. Bewirkt der HPV-Infekt jedoch einen auffälligen Krebsabstrich, wird sich bei jeder sechsten eine CIN II/III entwickeln.


Es wird geschätzt, dass bei etwa 10% der mit onkogenen HPV-Typen Infizierten der Infekt über 5 Jahre persistiert und dass diese Frauen ein Risiko von ca. 50% haben eine Krebsvorstufe zu entwickeln. Das Risiko der malignen Transformation hängt jedoch nicht nur vom Virustyp und der Infektionsdauer ab, sondern auch von der Viruslast. Wenn ein HPV-16-Infekt besteht und die Viruslast hoch ist, beträgt dieses Risiko bis 23%.

 

Ab Infektion dauert es durchschnittlich 2 Jahre, bis die Krebsvorstufe entstanden ist, und sie entsteht nur, wenn der HPV-Infekt persistiert. Bei 54% dieser Patientinnen dauert die Transformation zur Krebsvorstufe jedoch weniger als ein Jahr, das heisst, dass sich CIN II oder III relativ rasch entwickeln können.

 

HPV-Test als Zervixkarzinom-Screeningtest

Zwölf grosse Screeningstudien mit insgesamt über 77’000 Frauen, die den Hybrid Capture 2 Test (Hybrid Capture II test, Digene: Gaithersburg MD, USA) oder PCR zum HPV-Nachweis benutzten, zeigen, dass die Sensitivität des HPV-Test für Krebsvorstufen höher ist als die des konventionellen Krebsabstrichs nach Papanicolaou oder die der Dünnschichtzytologie. Die Sensitivität des HPV-Tests mit dem Hybrid Capture 2 Test für CIN 2/3 war mit 63-100% in jeder einzelnen Studie höher als die des konventionellen Krebsabstrichs (40-86%) oder die der Dünnschichtzytologie (38-94%).

 

Der positive Voraussagewert des HPV-Tests bezüglich CIN II/III ist je nach untersuchter Population zwischen 4% und 23%. Der negative Voraussagewert ist jedoch mit 98.2-100% sehr hoch. Ziel der Krebsfrüherkennung ist die Entdeckung und Eliminierung der Vorstufen des Zervixkarzinoms und nicht die Diagnose einer nicht behandelbaren Infektion.

 

Da sich schätzungsweise 80% aller Frauen im Laufe ihres Lebens mit HPV infizieren werden, ist es klar, dass ein HPV-Test generell nicht als Screeningtest taugen kann.

 

Wenn der HPV-Test als Screeningmethode eingesetzt werden soll, dann in Patientinnengruppen mit einer niedrigeren Prävalenz der transienten HPV-Infektion. Deshalb kam eine Konsensuskonferenz des amerikanischen National Institute of Health, der American Society of Colposcopy and Cervical Pathology (ASCCP) und der American Cancer Society zum Schluss, dass der HPV-Test bei über 30-jährigen Frauen zusammen mit der Zytologie als Screeningmethode eingesetzt werden kann. Wenn beide Screeningtests negativ ausfallen, soll der nächste Screeningtest erst wieder in 3 Jahren durchgeführt werden [7]. Diese Empfehlung wurden ausgesprochen, um unnötige HPV-Tests zu verhindern, die unnötig weitere Abklärungen nach sich ziehen. Bei positivem HPV-Test und negativer Zytologie soll keine Kolposkopie durchgeführt werden, jedoch die Zytologie in 6-12 Monaten wiederholt werden.

 

Auch bei Frauen älter als 30 Jahre ist die Prävalenz von HPV jedoch noch hoch (14.5-3.8%, je nach Altersgruppe), die Infektion vorübergehend (45% HPV-negativ innerhalb 6-12 Monate) und der prädiktive Wert für höhergradige Neoplasien nur 11.4-12.8%. Somit werden auch bei Frauen über 30 mehr als 87% der HPV positiven keine höhergradige CIN haben.

 

Zusammenfassend kann die Implementierung eines Screening-HPV-Tests zusätzlich zur Zytologie bei älteren Frauen sinnvoll sein, wenn bei negativem Resultat als Konsequenz das Screeningintervall verlängert wird (3-5 Jahre). Ob diese Strategie jedoch kosteneffektiv ist, hängt vom einzelnen Gesundheitssystem ab und muss somit für jedes System separat berechnet werden. Zudem ist die Akzeptanz eines solchen Tests in der Bevölkerung ungeklärt, insbesondere die Stigmatisierung der HPV-positiven Frauen mit der Gefahr der Überdiagnostik und Übertherapie.

 

HPV-Test als Triage bei suspekter Zytologie

Die zytologische Diagnose High-grade intraepithelial lesion (HSIL) hat ein Risiko von 70-75%, dass eine CIN II oder III vorliegt. Somit ist ein exspektatives Management inakzeptabel und der HPV-Test obsolet, da sich daraus keine Konsequenz ableiten lässt. Bei zytologischer Diagnose einer Low-grade intraepithelial lesion (LSIL) macht eine HPV-Bestimmung ebenso keinen Sinn, da in der ALTS-Studie 83% der Patientinnen mit LSIL einen positiven Test für onkogene HPV zeigten [8].

 

Bei grenzwertigen zytologischen Befunden (atypical squamous cells of undetermined significance, ASC-US) kann der HPV-Test zur Triage eingesetzt werden, wenn aufgrund der Ressourcen nicht gleich eine kolposkopische Untersuchung durchgeführt wird, was in vielen Ländern der Fall ist. Es wird geschätzt, dass ein Drittel der Frauen mit ASC-US in der nachfolgenden Zeit eine höhergradige Läsion (CIN II oder mehr) entwickeln werden. Eine Metaanalyse bestätigt die Resultate der ALTS-Studie, aufgrund welcher bei ASC-US drei mögliche Procedere empfohlen werden [9]:

  • 1. Die unmittelbare Kolposkopie,
  • 2. Die zytologische Kontrolle alle 4-6 Monate bis zwei normale Krebsabstriche vorliegen und
  • 3. Die HPV-Testung mit Zuweisung zur Kolposkopie bei onkogenem HPV-Infekt oder zytologische Kontrolle in 12 Monaten bei negativem HPV-Test.

In der Metaanalyse war in den 8 Studien, die den Hybrid Capture II Test benutzen, die Sensitivität des HPV-Tests mit 94.8% und die Spezifität mit 67.3% höher als die der Kontrollzytologie (ASC-US oder mehr, 81.8% beziehungsweise 57.6%). Der positive Voraussagewert betrug 26% und der negative Voraussagewert 99%. Der positive und negative Voraussagewert der Kontrollzytologie (erneute ASC-US oder mehr nach 6 Monaten) war mit 12% beziehungsweise 97% niedriger. Somit kann als gesichert gelten, dass der Einsatz eines modernen HPV-Tests in der Triage von Patientinnen mit ASC-US akkurater ist als die Wiederholung der Zytologie in 6 Monaten. Falls jedoch nach Erhalt des Resultates ASC-US direkt eine Kolposkopie durchgeführt wird, macht ein HPV-Test nur dann einen Sinn, wenn bei negativem HPV-Test die nächste Kontrolle in 12 Monaten durchgeführt wird und nicht in 6, wie dies bei unbekanntem HPV-Status der Fall ist.

 

 

PD Dr. med. Mathias Fehr, Leitender Arzt, Klinik für Gynäkologie, Universitätsspital Zürich.


Literatur
1. Woodman CB, Collins S, Winter H, Bailey A, Ellis J, Prior P, Yates M, Rollason TP, Young LS. Natural history of cervical human papillomavirus infection in young women: a longitudinal cohort study. Lancet 2001;357:1831-1836.
2.  Walboomers JM, Jacobs MV, Manos MM, Bosch FX, Kummer JA, Shah KV, Snijders PJ, Peto J, Meijer CJ, Munoz N. Human papillomavirus is a necessary cause of invasive cervical cancer worldwide. J Pathol. 1999;189:12-19.
3.  Bohmer G, van den Brule AJ, Brummer O, Meijer CL, Petry KU. No confirmed case of human papillomavirus DNA-negative cervical intraepithelial neoplasia grade 3 or invasive primary cancer of the uterine cervix among 511 patients. Am J Obstet Gynecol 2003;189:118-120.
4.  Zielinski GD, Snijders PJ, Rozendaal L, Daalmeijer NF, Risse EK, Voorhorst FJ, Jiwa NM, van der Linden HC, de Schipper FA, Runsink AP, Meijer CJ. The presence of high-risk HPV combined with specific p53 and p16INK4a expression patterns points to high-risk HPV as the main causative agent for adenocarcinoma in situ and adenocarcinoma of the cervix. J Pathol 2003;201:535-543.
5.  Hopman AH, Smedts F, Dignef W, Ummelen M, Sonke G, Mravunac M, Vooijs GP, Speel EJ, Ramaekers FC.Transition of high-grade cervical intraepithelial neoplasia to micro-invasive carcinoma is characterized by integration of HPV 16/18 and numerical chromosome abnormalities. J Pathol 2004;202:23-33.
6. Coste J, Cochand-Priollet B, de Cremoux P, Le Gales C, Cartier I, Molinie V, Labbe S, Vacher-Lavenu MC, Vielh P; French Society of Clinical Cytology Study Group. Cross sectional study of conventional cervical smear, monolayer cytology, and human papillomavirus DNA testing for cervical cancer screening. BMJ 2003;326:733-739.
7. Wright TC Jr, Schiffman M, Solomon D, Cox JT, Garcia F, Goldie S, Hatch K, Noller KL, Roach N, Runowicz C, Saslow D. Interim guidance for the use of human papillomavirus DNA testing as an adjunct to cervical cytology for screening. Obstet Gynecol 2004;103:304-309.
8. ASCUS-LSIL Traige Study (ALTS) Group. A randomized trial on the management of low-grade squamous intraepithelial lesion cytology interpretations. Am J Obstet Gynecol 2003;188:1393-1400.
9. Arbyn M, Buntinx F, Van Ranst M, Paraskevaidis E, Martin-Hirsch P, Dillner J.Virologic versus cytologic triage of women with equivocal Pap smears: a meta-analysis of the accuracy to detect high-grade intraepithelial neoplasia. J Natl Cancer Inst. 2004;96:280-293.



 
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