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Editorial

Infektiologie: Ein neues Fachgebiet mit breitem Tätigkeitsfeld

 

Der Titel FMH Infektiologie wurde erst 2000 eingeführt, doch das Spezialgebiet hat in der Schweiz bereits eine lange Geschichte. In den frühen 80er Jahren wurde von jungen, infektiologisch interessierten Internisten und Mikrobiologen der «Club de Pathologie des Maladies Infectieuses» gegründet. Es war eine relativ kleine Gruppe von Pionieren. Die meisten hatten ihre infektiologische Ausbildung in den USA genossen, so dass auch die Schweizer Infektiologie nach dem amerikanischen Vorbild aufgebaut wurde: Infektiologisch tätige Kliniker mit reger Konsiliartätigkeit, die in enger Zusammenarbeit mit den Kollegen der Mikrobiologie (oft auch mit einer internistischen Ausbildung) die infektiologischen Fragen an Zentrumsspitälern diskutierten und die wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Infektiologie vorantrieben.

 

Aus dem kleinen Club von Pionieren ist eine grosse Fachgesellschaft geworden. Die sechs A-Kliniken (5 Universitätsspitäler und Kantonsspital St. Gallen) kennen keine Rekrutierungsprobleme für infektiologisch interessierte Assistenten. Was macht die Infektiologie als Fachgebiet so interessant? Die infektiologische Tätigkeit beinhaltet immer eine breite internistische Arbeit und pflegt auch eine enge Zusammenarbeit mit den chirurgischen Fächern. Das breite Arbeitsfeld aber auch die enge Zusammenarbeit mit dem diagnostischen Labor macht die Arbeit interessant und abwechslungsreich.

 

Die meisten infektiologischen Abteilungen sind in der Schweiz als Konsiliarservice mit infektiologischem Ambulatorium aufgebaut. Schwerpunkt der Infektiologischen Tätigkeit ist bei uns immer noch das Spital: Hier ist der infektiologisch-konsiliarische Rat nicht nur von den internistischen Kollegen gefragt, ebenso häufig werden Infektiologen heute von chirurgisch tätigen Kollegen gerufen. In der Chirurgie geht es neben der Optimierung der Infektprävention oft auch um diagnostische Fragestellungen bei febrilen Zuständen wie auch um die Verbesserung der antibiotischen Therapie insbesondere bei Protheseninfektionen. Ein wichtiges Gebiet, für medizinische wie chirurgische Fragestellung ist die Optimierung der antibiotischen Therapie: Das Credo der Infektiologen ist es, die Behandlung mit Antibiotika hocheffizient aber so kurz und eng wie möglich zu verabreichen. Immer muss die Frage einer möglichen Resistenzbildung mit berücksichtigt werden. Ein gut funktionierender Konsiliarservice führt durch den besonnenen Einsatz von Antibiotika auch zu einer Kosteneinsparung im Medikamentenbudget.

 

Die meisten infektiologischen Abteilungen haben im Vergleich zu anderen Fachrichtungen eine relativ rege Forschungstätigkeit. Das Gebiet der Infektiologie kennt zahlreiche Fragen, welche uns noch in Zukunft Arbeit bescheren werden und an welchen aktiv gearbeitet wird. Einige Probleme, die uns heute brennen sind:

  • Umgang mit der Resistenzproblematik
  • Behandlung von Fremdkörperinfektionen (Gelenks- und Gefässprothesen, Katheter)
  • Bedrohung durch neue oder neu aufkommende Infektionen (HIV, Influenza-Pandemie, Sars, Hämorrhagische Fieber, Bioterrorismus)
  • Optimale Dauer der antibiotischen Therapie
  • Umgang mit der Impfmüdigkeit der Bevölkerung
  • Verbesserung diagnostischer Testverfahren und Einbezug der molekulargenetischen Erkenntnisse

In dieser Medizin Spektrum Nummer haben die Mitarbeiter des Fachbereiches Infektiologie/Spitalhygiene am Kantonsspital St. Gallen einen bunten Strauss von Beiträgen zusammengestellt. Fast zu jeder Herausforderung auf dem Gebiet der Infektiologie finden Sie hier einen Beitrag. Besonders freut es uns, dass wir auch drei Studien vorstellen können, welche aus der Schweiz stammen und in renommierten Internationalen Fachzeitschriften publiziert wurden. Auch dies ein Hinweis für die rege wissenschaftliche Tätigkeit der Schweizer Infektiologen.

 

Falls Sie, geneigter Leser, Freude an unserer Literaturübersicht finden, lade ich Sie gerne ein, sporadisch unseren Literaturreview auf www.infekt.ch zu konsultieren. Die Mitarbeiter unseres Fachbereiches fassen dort regelmässig jeweils einige wichtige Ereignisse der infektiologischen Literatur gut lesbar zusammen.

 

 

PD Dr. med. Pietro Vernazza, Fachbereichsleiter, FB Infektiologie/Spitalhygiene, Kantonsspital St. Gallen.



 
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