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Diabetes-Prävention

Lifestyle Intervention oder Metformin zur Verhinderung des Typ 2-Diabetes.

Titel

Reduction in the incidence of type 2 diabetes with lifestyle intervention or metformin.

 

Autoren

Knowler WC, Barrett-Connor E, Fowler SE, Hamman RF, Lachin JM, Walker EA, Nathan DM; Diabetes Prevention Program Research Group.

 

Quelle

N Engl J Med 2002 Feb 7;346(6):393-403

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

Wie wirksam ist die Veränderung des Lebensstils (Gewichtsreduktion und Bewegung) oder die Einnahme von Metformin zur Verhinderung des Typ 2-Diabetes bei Personen mit Übergewicht, erhöhtem Nüchternblutzucker und pathologischer Glukosetoleranz?

 

Hintergrund

Die Prävalenz des Diabetes mellitus hat in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen und wird in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter ansteigen. Übergewicht, fett- und zuckerreiche Ernährung sowie Bewegungsarmut sind allgemein anerkannte Risikofaktoren für diese Entwicklung. Bereits früher durchgeführte Studien bestärken die Vermutung, dass durch eine Veränderung des Lebensstils das Risiko für einen Typ 2-Diabetes gesenkt und ein Ausbruch der Krankheit verhindert oder zumindest hinausgezögert werden kann. Die vorliegende Studie versuchte, diese Vermutungen zu bestätigen und untersuchte darüber hinaus den Effekt der Wirksubstanz Metformin in der Vorbeugung des Typ 2-Diabetes.

 

Methoden

Studiendesign

Randomisierte, kontrollierte Multizenterstudie. Doppelblindes Design hinsichtlich der Placebo- und Metformingruppe. Die Analyse erfolgte nach dem Intention-to-treat Prinzip.

Setting

3’234 Teilnehmer aus 27 Zentren in den USA mit einem Durchschnittsalter von 51 Jahren und einem Frauenanteil von 68%.

 

Einschlusskriterien 

Die Studie wurde mit Teilnehmer durchgeführt, die ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Typ 2-Diabetes aufwiesen. Als Einschusskriterien galten folgende Merkmale:

  • Alter min. 25 Jahre
  • BMI 24 oder mehr (22 oder mehr bei Asiaten)
  • Nüchternblutzucker zwischen 5.3 und 6.9 mmol/l (95 bis 125 mg/dl)
  • Glukosetoleranztest zwischen 7.8 und 11.0 mmol/l (140 bis 199 mg/dl) 2 Std. nach 75 g Glukose oral
Ausschlusskriterien
  • Einnahme von Medikamenten, welche die Glukosetoleranz beeinflussen (Steroide)
  • Vorbestehende schwere Erkrankungen
Intervention
  • Metformingruppe: Metformin 850 mg, 2 x täglich plus Standardempfehlungen zur Veränderung des Lebensstils
  • Placebogruppe: Placebo, 2 x täglich plus Standardempfehlungen zur Veränderung des Lebensstils
  • Lebensstilgruppe: Intensive «Lifestyle Intervention» mit dem Ziel einer anhaltenden Gewichtsreduktion von 7% des ursprünglichen Körpergewichts mittels einer kalorienreduzierten, fettarmen Diät und einer moderaten Bewegungsintensität (Wandern) von mindestens 150 Min. pro Woche. Die Teilnehmer wurden in 16 Lektionen in einer 1:1 Situation für die Verhaltensänderung motiviert.
Primäre Endpunkte

Auftreten eines Diabetes mellitus, diagnostiziert anhand des halbjährlich gemessenen Nüchternglukosewertes (> 7.0 mmol/l resp. 126 mg/dl) oder der jährlich gemessenen Glukosetoleranz (> 11.0 mmol/l resp. 200 mg/dl).

 

Sekundäre Endpunkte
  • Gewichtsreduktion
  • Veränderung der Bewegungsintensität
  • Einhaltung der Behandlung (Placebo, Metformin)
  • Subgruppenanalyse nach Alter, Geschlecht, Rasse, BMI, Nüchternglukosewert und Glukosetoleranz
  • Nebenwirkungen
Beobachtungsdauer

1.8-4.6 Jahre. Mittelwert 2.8 Jahre.

 

Resultate

Basisdaten der Patienten

Die Gruppen wiesen bezüglich den relevanten klinischen und demographischen Ausgangswerte keine signifikanten Unterschiede auf. Der durchschnittliche BMI variierte zwischen 33.9 und 34.2 und der Glukosetoleranzwert zwischen 164.1 und 164.5 mg/dl. Die insgesamt 3’234 Teilnehmer verteilten sich wie folgt auf die untersuchten Gruppen: Placebo 1’082, Metformin 1’073, Lebensstil 1’079.

 

Gruppenvergleich der primären Endpunkte

Siehe Tabelle 1

 

Gruppenvergleich der sekundären Endpunkte
  • 50% in der Lifestyle-Interventionsgruppe erreichten nach 24 Wochen eine Gewichtsabnahme von 7% oder mehr. 38% konnten diese Gewichtsabnahme halten. Etwas weniger als zwei Drittel in der Lifestylegruppe erreichten eine Bewegungsintensität von mindestens 150 Min. Wandern pro Woche.
  • Der Anteil der Studienteilnehmer, die mindestens 80% der verschriebenen Medikamente einnahmen, betrug in der Placebogruppe 77% und in der Metformingruppe 72%.
  • Infolge Nebenwirkungen wurde bei 16% der Patienten in der Metformingruppe die Verabreichung auf 1 Tablette pro Tag reduziert.
  • Die Subgruppenanalyse zeigte, dass Alter, Rasse und Geschlecht keinen signifikanten Einfluss auf die Resultate hatten.
  • Ein niedriger BMI und eine niedrige Nüchternglukose in den Ausgangswerten korrelierten hingegen mit einer signifikant tieferen Diabetes- Inzidenz in der Lifestyle-Interventionsgruppe. In der Metformingruppe und der Placebogruppe war diese Korrelation nur für den Ausgangswert der Nüchternglukose zu beobachten.
  • Metformin zeigte eine signifikant höhere Rate an gastrointestinalen Nebenwirkungen verglichen mit Placebo. Lebensstiländerungen verursachten signifikant mehr muskuloskeletäre Beschwerden.

 

Diskussion durch die Autoren

Eine Veränderung des Lebensstils (weniger Kalorien, weniger Fett, mehr Bewegung) oder die Einnahme von Metformin sind beides wirksame Massnahmen, um die Entwicklung des Typ 2-Diabetes herauszuzögern oder zu verhindern, wobei die Lebensstilveränderung effektiver ist als die Behandlung mit Metformin. Das Resultat ist unabhängig vom Alter, vom Geschlecht oder von der Rasse, wird aber durch Faktoren wie Basis-BMI und Basis-Nüchternglukose beeinflusst. Ob die Resultate übertragbar sind auf Personen, die nur eine isolierte Erhöhung der Nüchternglukose oder der Glukosetoleranz oder andere Risikofaktoren aufweisen, muss weiter untersucht werden.

 

Zusammenfassender Kommentar

Die Resultate dieser Studie sind eindrücklich. Gegenüber der Kontrollgruppe verminderte die Verhaltensänderung das Risiko an einem Diabetes zu erkranken um satte 50%. In der Gruppe mit dem gesünderen Lebensstil entwickelten innerhalb von 3 Jahren insgesamt 14.4% einen Diabetes, in der Metformingruppe waren es 21.7% und in der Placebogruppe 28.9%. Die Resultate der Verhaltensänderung bestätigen früher durchgeführte Studien. Der präventive Effekt von Metformin, das sonst in der Therapie eingesetzt wird, konnte in dieser Studie erstmals dokumentiert werden. Die Inzidenz in der Placebogruppe ist höher als die Inzidenzraten, die man aus Beobachtungsstudien kennt. Inwieweit die Resultate auf Populationen mit einem niedrigeren Allgemeinrisiko übertragbar sind, bleibt offen. Die in der Studie erreichten Ziele bezüglich vermehrter Aktivität und Gewichtsreduktion sind durchaus realistisch. Bei einem durchschnittlichen Ausgangsgewicht von 94 kg betrug die angestrebte Gewichtsreduktion ca. 6.5 kg. Die wöchentliche Bewegungsaktivität von leichtem Wandern oder Velofahren während 2 1/2 Stunden erfordert keine sportlichen Höhenflüge. Hingegen sind berechtigte Zweifel erlaubt, ob die in der Studie angewandte, intensive Schulung und Betreuung in der Praxis durchführbar ist. Ob die gleiche Verhaltensänderung auch mit weniger Schulungs- und Betreuungsaufwand erreicht und über längere Zeit beibehalten werden kann, ist zumindest fraglich.

 

 

Besprechung von Dr. med. Fritz Grossenbacher und Dr. phil. nat. Klazien Matter-Walstra, Mediscope Knowledge Center

N Engl J Med 2002 Feb 7;346(6):393-403 - W. C. Knowler et al

15.02.2004 - dde

 
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