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Duloxetin zur Behandlung der weiblichen Stress-Harninkontinenz

Prospektive Studie zur Bestimmung von Effizienz und Nebenwirkungen.

Titel

Duloxetine vs. placebo in the treatment of stress urinary incontinence: a four-continent randomized clinical trial.

 

Autoren

Millard RJ, Moore K, Rencken R, Yalcin I, Bump RC; Duloxetine UI Study Group.

 

Quelle

BJU Int. 2004 Feb;93(3):311-8

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

Verbessert Duloxetin die Stress-Harninkontinenz der Frau wesentlich bezüglich Lebensqualität und Inkontinenzepisoden?

 

Hintergrund

Unwillkürlicher Harnabgang beim Husten, Niesen oder körperlicher Aktivität ist bei erwachsenen Frauen häufig und wird auf 35% geschätzt. Nach Beckenbodentraining und Hormongabe bei postmenopausalen Frauen werden heute als nächster Schritt bei bleibender störender Inkontinenz operative Massnahmen empfohlen, die die Harnröhre abstützen und die Stress-Harninkontinenz beheben. Serotonin und Noradrenalin verbessern die Blasenfüllung durch Entspannung der Blasenmuskulatur und Erhöhung des Auslasswiderstandes der Blasenhals- und Beckenbodenmuskulatur im Tiermodell.

 

Methoden

Studiendesign

Prospektive, randomisierte Phase-III-Studie, 458 Patientinnen.

 

Setting

Multizenterstudie (38 Spitäler) aus Argentinien, Australien, Brasilien, Finnland, Polen, Südafrika und Spanien.

 

Einschlusskriterien
  • Frauen > 18 Jahre mit störender Stress-Harninkontinenz
  • > 7 Inkontinenzepisoden pro Woche
Ausschlusskriterien
  • > 9 Miktionen tagsüber und > 3 Miktionen nachts
  • Blasenfüllkapazität < 400 mL oder Harndrang bei < 100 mL Blasenfüllung
Intervention

Die Patientinnen wurden nach einer Placebophase von 2 Wochen doppelblind randomisiert. Alle Patientinnen erhielten 2 Kapseln pro Tag – Duloxetin oder Placebo. Die Behandlungsdauer betrug 12 Wochen mit klinischen Verlaufskontrollen alle 4 Wochen. Die Frauen konnten anschliessend Duloxetin frei weiternehmen.

 

Outcome-Messung

Die Inkontinenzepisoden wurden zu Beginn der Studie, vor jeder Studienvisite und nach Abschluss mit einem Miktionstagebuch, je über 2 Tage geführt, erfasst.

Als zweiter Outcome-Faktor wurde die Lebensqualität erhoben mit einem validierten Inkontinenzfragebogen (I-QQL), der soziale und psychologische Faktoren miteinschloss.

 

Resultate

92% der Frauen in der Placebogruppe beendeten die Studienphase insgesamt, während wegen Nebenwirkungen nur 75% der Patientinnen in der Duloxetingruppe die Studienzeit durchhielten. Nach 3-monatiger Studienzeit entschieden 94% der Duloxetinpatientinnen, das Medikament weiterzunehmen, während 96% der Patientinnen der Placebogruppe dies ebenfalls wünschten. Die Zahl der durchschnittlichen Inkontinenzepisoden war 18/Woche und reduzierte sich unter Duloxetin um 54% vs. 40% in der Placebogruppe (p < 0.05). Die Lebensqualität (I-QQL-Score) verbesserte sich dabei um 10.3 respektive 6.4 Punkte (p = 0.0007). Die Duloxetingruppe berichtete weiter über eine Miktionsintervalverlängerung um 20 Minuten, während die Placebogruppe 9 Minuten Verlängerung angab (p < 0.0001). Die Ansprechbarkeitsrate auf Placebo betrug 40%. Der Studienabbruch erfolgte wegen Nebenwirkungen in 1.7% in der Placebogruppe und 17% bei Frauen unter Duloxetin (p < 0.001), wobei Nausea die häufigste Ursache dafür war. Nausea trat insgesamt bei 81% der Patientinnen auf, verstärkte sich während der Studienphase nicht und verschwand bei 60% der Frauen innerhalb einer Woche. 88% der Frauen mit der Nebenwirkung Nausea beendeten die Studienzeit. In der Duloxetingruppe traten Kopfweh in 15%, Schlafstörungen in 14%, Verstopfung in 13%, Schwindel in 11% und Müdigkeit in 10% auf.

 

Zusammenfassender Kommentar

Duloxetin ist ein potenter und selektiver Serotonin- und Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor. Pharmakologisch soll damit die Blasenfüllung begünstigt und der Muskeltonus am Blasenhals und am externem Harnröhrensphinkter erhöht werden, was therapeutisch ein neuer Wirkungsmechanismus darstellt. Diese Studie bei Stress-Harninkontinenz zeigt anhand Miktionstagebüchern und Lebensqualitätsfragebogen, dass die Inkontinenzepisoden in 54% der Frauen um 50-100% gesenkt werden konnten. Gleichzeitig verbesserte sich die Lebensqualität signifikant. Dieser Effekt war nach 4 Wochen zu beobachten und hielt im Verlauf der Studie an. Die benutzten Fragebogen sind validiert. Trotzdem wären urodynamische Daten von urethralen Verschlussdruckstudien ohne und mit Duloxetin erwünscht, die auch in der Placebogruppe mit einer Ansprechrate von 40% interessant gewesen wären. Damit würde eine Wirkung von Duloxetin rationaler gezeigt und die Diskussion über Placeboeffekte und antidepressive Nebenwirkung wäre hinfällig. Das Nebenwirkungsprofil von Duloxetin ist beträchtlich, vor allem gastrointestinal und zentralnervös. Es stellt sich bei 17% Drop-outs innerhalb der Studiendauer von 12 Wochen die kritische Frage, wie die Compliance nach 1-2 Jahren sein wird und ob Duloxetin in vielen Patienten eine operative Sanierung nicht einfach um diese Zeit hinausschieben wird. Duloxetin bedeutet eine zukünftige medikamentöse Option zur Behandlung der weiblichen Stress-Harninkontinenz. Die häufig mitbeteiligte oder gar dominierende Urgekomponente – in dieser Studie ausgeschlossen – sollte weiterhin primär anticholinerg behandelt werden.

 

 

Besprechung von PD Dr. med. Hubert John, Leitender Arzt, Urologische Klinik, UniversitätsSpital Zürich.

BJU Int. 2004;93:311-8 - R. J. Millard et al

05.06.2005 - dde

 
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