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Grippeimpfung und koronare Ereignisse

Eine Pilotstudie zum Einfluss der Grippeimpfung bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit.

Titel

Influenza vaccine pilot study in acute coronary syndromes and planned percutaneous coronary interventions: the FLU Vaccination Acute Coronary Syndromes (FLUVACS) Study.

 

Autoren

Gurfinkel EP, de la Fuente RL, Mendiz O, Mautner B.

 

Quelle

Circulation 2002 May 7;105(18):2143-7

 

Abstract

 

 

Fragestellung 

Welche Wirkung hat eine Grippeimpfung bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit?

 

Hintergrund

Es wird davon ausgegangen, dass virale Infektionen sowohl beim Myokardinfarkt als auch bei Folgeereignissen nach perkutaner koronarer Intervention eine Rolle spielen. Neuere epidemiologische Untersuchungen weisen auf eine erhöhte Rate von Myokardinfarkten und von kardialem Tod im Winter und nach Grippe-Epidemien hin. Virusinfektionen scheinen auch bei der Restenose nach perkutaner transluminaler koronarer Angioplastie von Bedeutung zu sein. Die Wirkmechanismen sind jedoch unklar.

 

Methoden

Studiendesign

Randomisierte multizentrische, einfach verblindete Pilotstudie. Die Randomisierungsmethode ist nicht beschrieben. Die Analyse erfolgte nach dem Intention-to-treat Prinzip.

 

Setting

Zwischen Mai 2001 und September 2001 wurden in mehreren Zentren in Argentinien 204 Patienten mit Myokardinfarkt (MI) sowie 101 Patienten mit geplanter perkutaner koronarer Intervention (PCI) (Angioplastie/Stenting) rekrutiert. Es wird nicht beschrieben, ob die Patienten konsekutiv rekrutiert wurden.

 

Einschlusskriterien

MI-Patienten

  • Männer und Frauen über 21 Jahre
  • Angina pectoris Episode in Ruhe (> 20 Minuten) in den vorhergehenden 72 Stunden
  • Bestätigte ischämische Herzkrankheit: Veränderungen im EKG oder Erhöhung kardialer Enzyme (CK-MB, Troponin)
Ausschlusskriterien

MI-Patienten

  • Fortschreitendes Leber- oder Nierenversagen
  • Herzinsuffizienz
  • Terminale Krankheit
  • Kontraindikation für Impfung
  • Bereits erfolgte Impfung
  • Hinderungsgründe für Follow-up

PCI-Patienten

  • Instabile Koronararterienerkrankung
  • Frühere Bypass-Operation oder Angioplastie
  • Gewebsnekrose
Intervention
  • MI-Gruppe: 100 Patienten erhielten eine einmalige i.m. Grippe-Impfung (100 Patienten in der Kontrollgruppe)
  • PCI-Gruppe: 51 Patienten wurden vor dem Eingriff geimpft (50 Patienten als Kontrollgruppe)
Primärer Endpunkt

Kardiovaskulärer Tod.

 

Sekundäre Endpunkte

Zusammengesetzter Endpunkt: Kardiovaskulärer Tod und/oder nichtfataler Myokardinfarkt und/oder schwere rezidivierende Ischämie (Rehospitalisation mit koronarer Bypass-Operation oder Angioplastie).

 

Beobachtungsdauer

6 Monate.

 

Resultate

Basisdaten

Keine signifikanten Unterschiede zwischen den Beobachtungsgruppen im Hinblick auf Alter, Geschlecht und kardiovaskuläre Risikofaktoren. Zudem keine signifikanten Unterschiede bezüglich Nekrose-Markern in der MI-Gruppe.

 

Patienten

Vier der 204 rekrutierten MI-Patienten erfüllten die Einschlusskriterien nicht.


Gruppenvergleiche der Endpunkte nach 6 Monaten

Siehe Tabelle 1 (MI-Patienten) und Tabelle 2 (MI- und PCI-Patienten)

 

Die PCI-Patientengruppe allein zeigte keinen signifikanten Unterschied in den gemessenen Endpunkten nach 6 Monaten.


Im Verlauf der Beobachtungszeit wurde in keiner Patientengruppe eine Grippe-Erkrankung beobachtet.
 

Diskussion durch die Autoren

Laut Autoren wird davon ausgegangen, dass beim Myokardinfarkt wie auch bei Folgeereignissen im Anschluss an PCI virale Infektionen beteiligt sein könnten. Die Mechanismen seien aber noch unklar. Die Autoren diskutieren verschiedene Erklärungsmodelle.

 

In der vorliegenden Pilotstudie bei 301 Patienten mit akutem Myokardinfarkt oder geplanter PCI war die Grippeimpfung mit einer statistisch signifikanten Reduktion von nachfolgenden ischämischen Ereignissen assoziiert.

 

Die Autoren weisen aber auch auf Schwächen in der vorliegenden Studie hin: Die Abwesenheit von Grippe-Infektionen in der untersuchten Population, insbesondere in der nicht geimpften Kontrollgruppe lässt keine Aussage darüber zu, ob die in der Kontrollgruppe häufiger aufgetretenen ischämischen Ereignisse im Zusammenhang mit einer Infektion stehen. Als weitere Einschränkung erwähnen die Autoren die geringe Patientenzahl der Studie.

 

Die Autoren gehen davon aus, dass ihre präliminären Ergebnisse die Erforschung der unspezifischen Wirkung allgemeiner Immunreaktionen, insbesondere beim Herzinfarkt, anregen werden.

 

Zusammenfassender Kommentar

Die vorliegende Pilotstudie weist darauf hin, dass die Grippeimpfung bei Koronarpatienten einen günstigen Effekt auf Komplikationen haben könnte. Wie die Autoren zutreffend anmerken, ist die Aussagekraft der Ergebnisse wegen verschiedener Faktoren eingeschränkt (vgl. oben). Zudem umfasst diese Pilotstudie zwei unterschiedliche Patientengruppen und weist innerhalb der MI-Gruppe eine gewisse Heterogenität bezüglich Klinik und therapeutischem Vorgehen auf. Da jeweils nur wenige Patienten der Subgruppen die definierten Endpunkte erreichten, wurden für die Datenanalyse alle Patienten zusammengefasst, was die Aussagekraft der Ergebnisse zusätzlich schwächt. Trotzdem stützen diese präliminären Ergebnisse eine interessante Hypothese, die es wert scheint, in grösserem Rahmen untersucht zu werden.

 

 

Besprechung von Dr. med. M. Schoep-Chevalley, Münsingen

Circulation 2002 May 7;105(18):2143-7 - E. P. Gurfinkel et al

11.02.2004 - dde

 
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